Nachruf: Papst Franziskus ist am Ostermontag gestorben

Papst Franziskus Nachruf (c) Annett Klingner from Pixabay
Datum:
22. April 2025
Von:
Wolfgang Acht, Pfr. i. R. Kempen

Mit letzter Kraft spendete Papst Franziskus den Ostersegen „Urbi et orbi“, der Stadt und dem Weltkreis. Es wird sein Wunsch gewesen sein, alles darauf zu setzen, bis zuletzt den Menschen nah zu sein, wie es immer sein Anliegen, eben ein prägender Ausdruck seines Pontifikates wurde.

Sein bürgerlicher Name Jorge Mario Bergoglio. Er wurde am 17. Dezember 1936 in Buenos Aires, Argentinien, geboren. Im März 2013 wurde er nach dem Rücktritt seines Vorgängers Papst Benedikt XVI. von der Kardinalsversammlung in der Sixtinischen Kapelle zum neuen Papst gewählt. Er wählte den Namen Franziskus, was eine bewusste Entscheidung war, wollte er doch eine bescheidene Kirche, die ihren Blick mehr auf die Armen und die am Rande Lebenden richten sollte. „Vergiss die Armen nicht!“ – so hatte man ihm noch gesagt, bevor er das Amt annahm. Den Armen war er gerne nahe und nahm vielfach Berührungen mit ihnen auf. Es sei eben wichtig, dass ein Hirte „den Geruch der Schafe“ aufnehmen müsse.

Seine Eltern, aus Nord-Italien stammend, wanderten aufgrund der Wirtschaftskrise und dem Faschismus in Italien nach Argentinien aus. Zuerst fanden sie Arbeit in einem Betrieb eines Onkels, der aber selbst bald den Betrieb aufgeben musste. Seine Großeltern und Eltern zogen nach Buenos Aires, wo sie einen Lebensmittelhandel eröffneten.

Es wundert deshalb nicht, dass für ihn Migration und das Schicksal von Migranten am Herzen lag. So reiste er schon kurz nach seiner Wahl zur italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa, wo er das  Aufnahmelager von Flüchtlingen aus Afrika besuchte. Dort bat er um Vergebung und gedachte der vielen ertrunkenen Bootsflüchtlinge. Er kritisierte massiv die „Globalisierung der Gleichgültigkeit“.

Sein Blick auf die Armen zeigte sich besonders im Umgang mit den Obdachlosen der Stadt Rom. Er ordnete schon früh an, für diese in der Nähe des Petersplatzes Duschplätze und eine Krankenstation bauen zu lassen. Zu seinem 78. Geburtstag stiftete er hunderte Schlafsäcke für die Obdachlosen.

Gelegentlich lud er sogar Häftlinge zum Essen ins Gästehaus ein. Er ging oft am Gründonnerstag zur Liturgie mit der Fußwaschung in Gefängnisse, um den Gefangenen die Füße zu waschen. Zuletzt öffnete er auch in einem Gefängnis eine „heilige Pforte“, wollte er doch zeigen, dass auch dieser Ort ein Ort der Kirche sein soll.

Als junger Mann machte er eine Ausbildung zum Chemietechniker und arbeitete in einem lebensmittelwissenschaftlichen Labor. Schon mit 21 Jahren gab es einen gesundheitlichen Einschnitt. Eine schwere Lungenentzündung führte dazu, dass ihm ein Teil des rechten Lungenflügels entfernt wurde. Diese Einschränkung erklärt, warum er in den letzten Jahren häufig an Bronchitis erkrankte und schließlich in den letzten Wochen wegen eine beidseitigen schweren, lebensbedrohlichen Lungenentzündung behandelt werden musste. Berührend war am Ostersonntag zu erleben, wie er mit letzter Kraft und brüchiger Stimme, seinen letzten Ostersegen spendete.

Während der Therapiezeit mit 21 Jahren verspürte er den Wunsch, dem Jesuiten-Orden beizutreten, wollte er doch kein Einzelkämpfer sein. Er wollte Menschen um sich haben. Und Menschennähe war ihm immer ein großes Anliegen. Das sah man, wenn er bei Audienzen oder bei seinen Reisen ihnen möglichst nahe sein wollte. Er zog auch nicht in den Papstpalast, sondern wohnte im Vatikan im Gästehaus Domus Sanctae Marthae und aß dort oft mit den Mitarbeitern und Besuchern gemeinsam in der Kantine. Nur Amtsgeschäfte, Konferenzen und Audienzen fanden weiterhin in den Palasträumen statt.

1969 empfing er mit 33 Jahren die Priesterweihe. 1973 - 1979 wurde er Provinzoberer des Jesuiten-Ordens. Von 1985 bis 1986 hielt er sich in Deutschland auf, lernte die deutsche Sprache und begann an der Jesuitische Ordenshochschule St. Georgen in Frankfurt die Arbeit an einer Promotion über das Werk von Romano Guardini, die er aber nicht zu Ende führte. Er kehrte nach Argentinien zurück. Theologisch geprägt wurde er dort durch Lucio Gera, den Begründer der „Theologie des Volkes“, für die der Ort der Kirche an der Seite der Armen ist. Für deren Rechte und Teilhabe habe Kirche und Gesellschaft einzustehen.

Im Mai 1992 ernannte ihn Papst Johannes-Paul II. zum Weihbischof in Buenos Aires und er empfing die Bischofsweihe. Nach dem Tod des Erzbischofs wurde er dessen Nachfolger und das zu einer Zeit, in der in Argentinien eine Militärjunta herrschte, die vor keiner Gewalt zurückschreckte.

Als Erzbischof motivierte er die Priester bewusst zum Dienst in den Armenvierteln von Buenos Aires. Auch er selbst erschien dort oft unangemeldet und nutze für den Weg dorthin die öffentlichen Verkehrsmittel. Sein bescheidener Lebensstil und sein Einsatz für die Armen machten ihn bekannt. Papst Johannes Paul II. ernannte ihn am 21. Februar 2001 zum Kardinal.

Prägend war auch der Stil seiner Amtsführung. Beim ersten Auftritt verzichtete er auf kostbare Gewänder und begrüßte die Menschen auf dem Petersplatz beherzt mit: „Brüder und Schwestern, guten Abend!“ Vor seinem Segen bat er alle um einen Moment der Stille, in der alle für ihn beten sollten. Er folgte ein weiteres Zeichen, als er vor dem Empfang der akkreditierten Vatikanbotschafter zuerst mit Reinigungskräften, Gärtnern und Angestellten des Vatikans eine Messe feierte. 

Schon beim Gottesdienst zur Amtseinführung am 19. März 2013 betonte er: „Jesus hat an Petrus Macht verliehen, aber … Er muss das Volk behüten, beschützen, besonders die Armen, Fremden, die Obdachlosen, die Nackten und die Kranken. Nur wer mit Liebe dient, kann behüten und beschützen.“ Dieses Grundprogramm findet sich in seinen vier Enzykliken (Lehrschreiben) wieder. Eine Lektüre lohnt sich. Darüber hinaus war ihm ein religionsübergreifenden Dialog wichtig. Schon als Bischof pflegte er Beziehungen mit der jüdischen Gemeinde und Vertretern der muslimischen Gemeinschaft.

Es wundert deshalb nicht,  dass er in den 12 Jahren seines Pontifikates 48 Auslandsreisen absolvierte, dabei aber besonders Länder wählte, in denen die Christen nur eine Minderheit sind, zum Beispiel in die Mongolei. Selbst die Strapaze der 11-tägigen Reise in ostasiatische Länder war ihm wichtig, um deren Probleme weltweit öffentlicher zu machen. Der Besuch bei den Weltjugendtagen war ihm ein Herzensanliegen. Weitere 26 Reisen führten ihn in einzelne Regionen oder Städte Italiens. Dazu kamen oft auch spontane Besuche in römischen Pfarreien. Er schonte sich nicht. Urlaub kannte er nicht. Zuletzt war er wegen einer chronischen Arthritis und einer Bänderverletzung im rechten Knie auf den Rollstuhl angewiesen.

Wichtig war ihm die Synodalität, eben der Wunsch mehr im Dialog zu leben und daraus zu Entscheidungen zu finden. Zuhören galt ihm als Prinzip. So schrieb er: „Einen Weg gemeinsam zu gehen bedeutet, dass die Linie, die man beschreibt, horizontal verläuft,  nicht vertikal. Die synodale Kirche stellt den Horizont wieder her, an dem die Sonne Christus aufgeht.“ Deshalb gründete er einen Kardinalsrat mit Beratern und einen Wirtschaftsrat, die sich regelmäßig trafen. In den letzten Jahren ernannte er immer öfter Frauen, die leitend in vatikanische Behörden tätig sind.

Es war konsequent, dass er ein synodales Gremium mit Bischöfen und Laien aus aller Welt bildete, das sich viermal in Rom zur Beratung und zum Austausch in den Jahren 2022 bis 2024 traf. Am Ende überraschte er damit, dass er das dort beschlossene Abschlussdokument als lehramtliches Schreiben legitimierte.

Leider gab es zahlreiche Gegner dieses Papstes. Traditionalisten warfen ihm vor, die Kirchenlehre zu missachten und sie kritisierten den Stil seiner Amtsführung, die in ihren Augen für einen Papst unangemessen sei.

Es entspricht dem Stil seiner Amtsführung, dass er für seine Beerdigung vereinfachte Regeln und schlichte Rituale bestimmte. Der Papst sei ein Hirte und Jünger Christi, kein mächtiger Mann der Welt. Er legte fest, nicht in den Krypten des Petersdoms, sondern in der Kathedrale Maria Maggiore beerdigt zu werden. Diese Kathedrale besuchte er regelmäßig vor und nach seinen Auslandsreisen. Dort bat er am Gnadenbild der „Salus Populi Romani“ (Marienikone) um Fürsprache und am Ende der Reise dankte er Maria dort, zuletzt nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen wurde.

Ein Zitat aus seiner Rede vor der Wahl sagt viel über ihn:

In der Offenbarung sagt Jesus, dass er an der Tür steht und anklopft. In dem Bibeltext geht es offensichtlich darum, dass er von außen klopft, um hereinzukommen. Aber ich denke an die Male, wenn Jesus von innen klopft, damit wir ihn herauskommen lassen. Die egozentrische Kirche beansprucht Jesus für sich drinnen und lässt ihn nicht nach außen treten.“

Es bleibt nach seinem Tod am Ostermontag ein großer Dank für seinen Einsatz bis zum Äußersten, für seine Weise der Amtsführung bis zuletzt und für sein großes Engagement für die Kirche Jesu Christi, der in besondere Weise die Armen und Schwachen anvertraut sind!